12.05.2022

Wozu dient die zweite Säule, und wie funktioniert sie?

Ziel der zweiten Säule beziehungsweise der beruflichen Vorsorge nach BVG ist es, die Leistungen von AHV/IV zu ergänzen und damit den bisherigen Lebensstandard bei Pensionierung, Invalidität oder Tod zu gewährleisten. Es ist wichtig, über Funktionsweise, Bedeutung und die verschiedenen Leistungen der zweiten Säule Bescheid zu wissen.

Das Bundesgesetz über die berufliche Alters-, Hinterlassenen und Invalidenvorsorge (BVG) trat am 1. Januar 1985 in Kraft. Es definiert die Mindestleistungen für versicherte Personen im Falle von Alter, Tod oder Invalidität. Die berufliche Vorsorge nach BVG ist Teil des Schweizer Vorsorgesystems, das auf drei Säulen beruht: staatliche Vorsorge, berufliche Vorsorge und individuelle Vorsorge. Die erste Säule ist als AHV bekannt (Alters- und Hinterlassenenversicherung). Sie sichert die minimale Existenzgrundlage. Dazu kommt die zweite Säule, die eine Altersrente in Höhe von rund 60% des letzten versicherten Lohns garantieren soll. Diese beiden Säulen sind obligatorisch.

Bei der dritten Säule handelt es sich um eine private Vorsorge. Sie ergänzt das Schweizer Vorsorgesystem, ist freiwillig und dient zur Deckung allfälliger Vorsorgelücken.

Im vorliegenden Artikel konzentrieren wir uns auf die zweite Säule (BVG) und präsentieren eine vereinfachte Darstellung von Funktionsweise, Bedeutung und Leistungen dieser Vorsorge.

 

 

Wozu dient die berufliche Vorsorge?

Die zweite Säule des Schweizer Vorsorgesystems ist die berufliche Vorsorge (BVG). Ihr Hauptziel ist die Fortsetzung der gewohnten Lebenshaltung im Alter, bei Invalidität oder Tod. Zusammen sollen die erste und die zweite Säule rund 60% des letzten Lohnes abdecken.

 

Wer ist versichert?

Die zweite Säule ist für alle AHV-pflichtigen Arbeitnehmenden mit einem Jahreseinkommen von mindestens CHF 21’510 obligatorisch. Diese Eintrittsschwelle wird vom Bundesrat regelmässig neu festgelegt.

Die obligatorische Versicherung beginnt mit Antritt des Arbeitsverhältnisses und frühestens ab dem 1. Januar nach Vollendung des 17. Altersjahrs. Es obliegt dem Arbeitgeber, jeden neuen Mitarbeitenden bei der Vorsorgeeinrichtung, der er angeschlossen ist, anzumelden.

Vor dem 25. Altersjahr decken die Beiträge nur die Risiken Tod und Invalidität ab. Der Sparprozess für die Altersrente beginnt erst am 1. Januar nach Vollendung des 24. Altersjahrs (Alterssparen mit individuellem Konto).

Da die Beitragszahlungen an Bedingungen geknüpft sind, gibt es auch einige Personengruppen, die dem BVG-Obligatorium nicht unterstellt sind. Dazu gehören Selbstständigerwerbende, Arbeitnehmende mit einem befristeten Arbeitsvertrag von höchstens drei Monaten, solche mit einem Jahresverdienst unter CHF 21’510, im eigenen Landwirtschaftsbetrieb tätige Familienmitglieder oder Personen, die im Sinne der IV mindestens zu 70% erwerbsunfähig sind.

 

Wie zahlt man in die Pensionskasse ein?

Jeder Arbeitgeber ist verpflichtet, seine Angestellten bei einer Pensionskasse zu versichern. Der Teil des AHV-pflichtigen Lohns, der zwischen CHF 21’510 und CHF 86’040 liegt, ist obligatorisch versichert. Davon wird der Koordinationsabzug von CHF 25’095 abgezogen. Dies ergibt den BVG-pflichtigen Lohn, der mindestens CHF 3’585 und höchstens CHF 60’945 beträgt. 

Es obliegt dem Arbeitgeber, seinen Beitrag und den Beitrag des Arbeitnehmers, der von dessen Lohn abgezogen wird, bei der Vorsorgeeinrichtung einzuzahlen.

Dabei gilt, dass der Arbeitgeberbeitrag mindestens gleich hoch sein muss wie der Beitrag des Arbeitnehmers. Er darf nicht unter 50% liegen. Dem Arbeitgeber steht es jedoch frei, seinen Beitragsanteil zu erhöhen und damit die Beitragslast seiner Arbeitnehmenden zu verringern, was ihm auf dem Arbeitsmarkt Vorteile verschafft.

Zahlreiche Unternehmen entscheiden sich in der Tat für die grosszügigeren Lösungen, die von Pensionskassen angeboten werden.

 

Die verschiedenen Verwendungszwecke der zweiten Säule

Die zweite Säule bietet mehrere interessante Optionen:

  1. Unter gewissen Voraussetzungen kann ein Teil des angesparten Altersguthabens für die Finanzierung von selbst bewohntem Wohneigentum eingesetzt werden.
  2. Wer sich selbstständig macht, kann das Kapital zur Gründung der eigenen Firma beziehen.
  3. Wenn Vorsorgelücken vorliegen, besteht die Möglichkeit des Einkaufs von Beitragsjahren. Dies bringt nicht nur eine Erhöhung des Vorsorgeguthabens, sondern auch eine willkommene Steuersenkung, da der Einkauf vom steuerbaren Einkommen abgezogen werden kann.
  4. Bei einem endgültigen Wegzug ins Ausland kann das gesamte Kapital unter bestimmten Bedingungen bezogen werden.

 

Wie wird die Altersrente berechnet?

Bei der Pensionierung können die versicherten Personen zwischen drei Möglichkeiten wählen: Sie können sich das in der zweiten Säule angesparte Guthaben als Rente, als Kapitalabfindung oder in einer Mischform aus Rente und Kapital auszahlen lassen.

Für die Höhe einer monatlichen Altersrente sind zwei Elemente massgebend:

  • das Altersguthaben (das bis zur Pensionierung angesparte Kapital)
  • der Umwandlungssatz.

Bei Erreichen des Rentenalters (Frauen: 64 Jahre, Männer: 65 Jahre) kann das Kapital in eine lebenslänglich garantierte jährliche Altersrente umgewandelt werden, die anhand des Umwandlungssatzes berechnet wird. Berechnungsbeispiel: Bei einem Umwandlungssatz von 6.8% und einem Altersguthaben von CHF 200’000 beträgt die Jahresrente CHF 13’600 (CHF 1’133 pro Monat).

 

Erklärung der Fachbegriffe

Beitragszahlung

In der Regel wird der Beitrag je zur Hälfte vom Arbeitgeber und vom Arbeitnehmer getragen, wobei die Einzahlung des Arbeitnehmers in Form eines Lohnabzugs erfolgt. Der Beitrag setzt sich aus dem Sparanteil und einer Prämie für Risiko (Invalidität und Tod) sowie Kosten zusammen.

Für das Hotel- und Gastgewerbe gilt gemäss L-GAV (Landes-Gesamtarbeitsvertrag für das Gastgewerbe) ein altersunabhängiger Mindestsatz von 14% für sämtliche Angestellte.

Koordinierter Lohn 

Der Teil des Jahreslohns, der zwischen CHF 21’510 und  CHF 86’040 liegt, ist obligatorisch versichert. Das BVG-Lohnmaximum beträgt nach Abzug des Koordinationsabzugs CHF 60’945. Wenn der koordinierte Lohn unter CHF 3’585 liegt, wird er für das betreffende Jahr auf diesen Betrag aufgerundet.

Umwandlungssatz 

Anhand dieses Prozentsatzes wird das Altersguthaben (individuelles Konto) in eine jährliche Altersrente umgewandelt. Er beträgt derzeit 6.8% für den obligatorischen Teil der zweiten Säule (Jahreslohn zwischen CHF 21’510 und CHF 86’040). Beim überobligatorischen Teil können die Pensionskassen den Umwandlungssatz selbst bestimmen.

Altersgutschrift

Betrag, der jährlich in Prozent des koordinierten Lohnes berechnet und dem Altersguthaben einer versicherten Person gutgeschrieben wird, wobei eine Abstufung nach dem Alter stattfindet. Das Gesetz schreibt folgende Mindestansätze vor:

  • 25 bis 34 Jahre: 7%
  • 35 bis 44 Jahre: 10%
  • 45 bis 54 Jahre: 15%
  • 55 bis 64/65 Jahre: 18%

Verzinsung der Altersguthaben

Jährliche Verzinsung des vom Versicherten angesparten Guthabens. Der Bundesrat legt jedes Jahr fest, mit welchem Zinssatz das Altersguthaben im Minimum verzinst werden muss. Für 2022 beträgt dieser Zinssatz 1%.

Freizügigkeitsleistung

Die Freizügigkeitsleistung (Austrittsleistung) ist das Guthaben, das eine versicherte Person auf ihrem individuellen Konto bei der Pensionskasse bis zu ihrem Austritt aus dem Unternehmen angesammelt hat. Bei ihrem Weggang wird dieses Guthaben an die Vorsorgekasse des neuen Arbeitgebers oder andernfalls auf ein Freizügigkeitskonto überwiesen. Der Arbeitnehmer hat für die Übertragung des Guthabens an die neue Kasse zu sorgen. 

 

Wer mehr über das BVG erfahren will, klickt auf folgenden Link: https://go.hotela.ch/de-ch/bvg-angebot

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